Stellt Euch vor, Ihr kommt zum ersten Mal zu einem neuen Arzt. Ein nicht beschildertes Treppenhaus, renovierungsbedürftige Praxisräume und eine gestresste Empfangsmitarbeiterin, die Euch zwischen zwei Telefonaten einen Fragebogen in die Hand drückt. Möchtet Ihr da nicht am liebsten flüchten?
Viele Kontaktseiten ähneln dieser Arztpraxis: unübersichtlich, unmodern, unbequem und voller Formularfelder. Was Nutzer sich aber wünschen, wenn sie eine Kontaktseite aufrufen, ist ein angenehmer Gesprächspartner, der sie zügig zum Ziel bringt. Klappt das nicht, verdirbt das die Atmosphäre oder sorgt sogar für einen kompletten Abbruch. Keine Konversion. Genau wie auf der Kontaktseite aus der Hölle.
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Die Kontaktseite aus der Hölle
Auf der Suche nach frischen Beispielen für diesen Beitrag habe ich wild einige Stichwörter bei Google eingegeben (“Steuerberater Wetzlar”, “Vorwerk Hüttenberg”) und mir die Kontaktseiten angesehen, die da so kamen. Es dauerte nur ein paar Minuten und ich stieß auf das Beispiel von Deine Tierwelt, wo so ziemlich alles schief geht, was schiefgehen kann. In der Summe strahlt Deine Tierwelt dann nur noch eine Nachricht aus: “Geh’ bloß weg und verschone uns mit Deiner Nachricht”.





So entstehen schlechte Kontaktseiten
Ich weiß aus der Praxis, wie schlechte Kontaktseiten entstehen. Deine Tierwelt dürfte in Anfragen ertrinken, wie so viele besucherstarke Websites. Eine gefährliche “Wir müssen uns gegen die Nachrichten verteidigen”-Stimmung entsteht. Am Ende wirkt auch ein Unternehmen mit lauter freundlichen Mitarbeitern wie ein kontaktscheuer Raffzahn, den Kunden nur stören. Die Lösung liegt in der Optimierung des Antwort-Prozesses, zum Beispiel mit stichwortbasierter Zuordnung der Anfragen, Mustertexten etc. Das ist besser für Besucher und besser für das Image.
Vor allem in kleineren und mittleren Unternehmen liegen die Ursachen wo anders. Da würde ich als erstes das fehlende Gespür für stilsichere Online-Kommunikation nennen. Häufig ist es aber auch schlichte Gedankenlosigkeit oder beides zusammen. Das folgende Beispiel von Nicole Pietags Online-Shop, über das ich ebenfalls zufällig stolperte, steht stellvertretend für tausende vergleichbar schlechter Online-Erlebnisse.

7 Best Practices für Kontaktseiten
Bleibt die Frage, wie die “optimale” Kontaktseite denn nun aussieht. Logisch, dass es da kein Patentrezept gibt, aber sieben Best Practices, die sich schon häufig bewährt haben.
1. Kontaktformular integrieren
Für ein Kontaktformular sprechen viele Gründe. Ihr könnt damit
- strukturiert Informationen erfragen
- die Ergebnisse per Mail versenden
- die Ergebnisse in einer Datenbank speichern
- die Nutzung per Web-Analytics verfolgen
- auf der Danke-Seite auf Leistungen, Social Media etc. aufmerksam machen
Das Kontaktformular funktioniert zudem immer, auch wenn Euer Besucher gerade nicht an seinem eigenen PC sitzt und deshalb über keinen korrekt eingerichteten E-Mail-Client verfügt.
Natürlich gelten auch für ein Kontaktformular Regeln. Dazu zählen insbesondere
- die sofortige Sichtbarkeit ohne scrollen
- die Beschränkung auf eine Mindestzahl an Feldern und Pflichtfeldern
- eine übersichtliche Gestaltung (mit ausreichend großem Nachrichtenfeld!)
- Hilfe-Texte und aussagekräftige Fehlermeldungen
Kreativ dürft Ihr trotzdem sein, wie das folgende Beispiel zeigt.

2. Rahmenbedingungen erklären
Ihr könnt dem Besucher Euer Kontaktformular einfach um die Ohren hauen. Das hat etwa so viel Charme wie Post vom Finanzamt. Ich habe sehr gute Erfahrungen mit einer textlichen Einleitung gemacht. Dort sagen wir dem Besucher, wer seine Nachricht bei uns empfängt, mit welcher Antwortzeit zu rechnen ist und wie er seinen Ansprechpartner telefonisch erreichen kann. Dabei geht es mir nicht nur darum, einen freundlichen Einstieg zu schaffen, sondern auch um ganz simple, praktische Effekte. Wer weiß, dass seine Nachricht womöglich erst am nächsten Arbeitstag beantwortet wird, der ruft in eiligeren Fällen an.

3. Vollständige Kontaktdaten zeigen
Unter “Kontakt” kann jeder etwas anderes verstehen. Deshalb solltet Ihr neben dem Kontaktformular auch die übrigen Möglichkeiten auf Eurer Kontaktseite veröffentlichen:
- Telefon
- E-Mail
- Adressen der Social-Media-Seiten
- Postanschrift
4. Live-Chat anbieten
Platziert einen Live-Chat auf Eurer Kontaktseite. Darüber können Eure Besucher dann in Echtzeit mit Euch kommunizieren, wenn das Telefonieren nicht möglich ist, zum Beispiel vom Arbeitsplatz aus, in der Bahn oder während ein Film läuft. Ihr erreicht sie, während sie eine wichtige Entscheidung treffen. So belegte die Forrester-Studie “Making Proactive Chat Work” schon 2010: der Live-Chat ist für 44 Prozent der Online-Besteller eine der wichtigsten Funktionen einer Website.
Schade, dass die Scheu vor dem Chat gerade in kleinen Unternehmen immer noch sehr ausgeprägt ist. Das häufigste Gegenargument: “Wie sollen wir das (auch noch) leisten?”. Dabei bieten zeitgemäße Dienste, zum Beispiel SnapEngage, praktische Funktionen, die den Chat sehr handlich machen. Erst wenn sich ein Mitarbeiter in die Chat-Software einloggt, erscheint der Chat auf der Website. Ein Mitarbeiter kann gleichzeitig mehrere Chats beantworten und einzelne Chats bei komplexeren Anfragen an einen Kollegen durchreichen. Im einfachsten Fall ist eine Chat-Software innerhalb einer Stunde gemietet, konfiguriert und in die Website integriert.
Mehr über Live-Chats lest Ihr in meinem Beitrag Live-Chats auf Websites: 7 Fakten und eine Zugabe.

5. iMessages, WhatsApp und Skype anbieten
Denkt bei Eurer Kontaktseite unbedingt auch an neue, für Eure Besucher relevante Kommunikationsmöglichkeiten. Weist dem entsprechend zum Beispiel auf Eure WhatsApp-Nummer, Eure iMessages– beziehungsweise Google-Hangouts-Adressen hin. Ihr habt hier die Möglichkeit, besser zu sein als Eure Mitbewerber, die von den neuen Möglichkeiten noch spärlich Gebrauch machen.
Am Rande: Es gibt wenige Unternehmen, die den Kontakt per Skype anbieten. Dabei lässt sich hier sogar mit Bild telefonieren und so ein noch persönlicherer Kontakt herstellen.
6. Nachrichten verschlüsselt übertragen
Besucher tragen oft erstaunlich private Informationen in Kontaktformulare ein. Respektiert das und verschlüsselt die Übertragung der Daten mittels einer https-Verbindung. Wenn Ihr die Nachrichten abholt (per E-Mail, durch Zugriff auf die Nachrichten-Datenbank o.ä.), dann muss auch diese Verbindung verschlüsselt sein, damit das Sinn ergibt.
7. Auf Captchas verzichten
Bekommt Ihr Spam? Bestimmt. Was machen dann die paar zusätzlichen Spam-Mails, die per Kontaktformular eintrudeln? Genau – nichts! Also lasst den Blödsinn mit den Captchas! Diese Buchstaben-/Zahlenkombinationen sind nämlich nicht nur für Spammer schwer lesbar, sondern auch für Eure Besucher. Es ist besser, ein paar Spam-Nachrichten wegzuklicken, als auch nur eine einzige echte Nachricht nicht zu erhalten, weil der Nutzer das Captcha nicht entziffern konnte.
Wenn Ihr wirklich von Spam geflutet werdet, dann macht folgendes:
- Lasst Euren Web-Entwickler ein verstecktes Formular-Feld vom Typ E-Mail in Euer Formular einbauen. Nachrichten, bei denen das versteckte Feld ausgefüllt wurde, stammen von einem Spammer. So werdet Ihr den meisten Unfug los.
- Stellt Euren Besuchern eine simple Frage, um sie als Menschen zu identifizieren. Eine einfache Rechenaufgabe, “Welcher Wochentag ist übermorgen” o.ä. Dadurch verlängert sich Euer Formular zwar auch, aber wenigstens kann jeder eine solche Frage beantworten.
Praxisbeispiele für Kontaktseiten und Kontaktformulare






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